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Der Ort

Nicolaiviertel

 

Berlin, den 6.3.2008

Im Alter von 85 Jahren ist Joseph Weizenbaum in Berlin an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Nach einer Chemotherapie hoffte er noch an seinem Geburtstag im Januar, ein schönes Jahr verleben zu können. Weizenbaum lebte im Berliner Nicolaiviertel an der Spreeinsel.

Sein Leben: Joseph Weizenbaum wurde am 8. Januar 1923 als zweiter Sohn des Kürschnermeisters Jechiel Weizenbaum in Berlin geboren. Im Jahre 1936 emigrierte die Familie in die USA, wo Weizenbaum erst Mathematik studierte und sich frühzeitig an der Wayne University Detroit mit dem Bau von Computern beschäftigte. 1950 war Weizenbaum an der Konstruktion eines Computers beteiligt, der für den Test von Raketen-Waffensystemen der U.S. Navy bestimmt war. Danach programmierte er ein Betriebssystem für die Bendix Aviation Company, eher er bei General Electric von 1955 bis 1963 ERMA entwickelte, das erste Computer-Banksystem seiner Zeit. 1963 begann die akademische Karriere von Joseph Weizenbaum am Massachusetts Institute of Technology, wo er als Associate Professor für Applied Science und Political Science anfing. 1970 wurde er zum ordentlichen Professor für Computer Science berufen, als sich die junge Wissenschaft etabliert hatte. Wissenschaftliche Meriten erwarb sich Weizenbaum mit Studien zu SLIP (Symmetric List Processor), einer Konkurrenz zu LISP und Forschungen zu Referenzzählern (Knotted list structures and garbage collection schemes).

Sein letztes Programm entwickelte Joeseph Weizenbaum im Jahre 2006 und nannte es "New Eliza". Es war der Versuch, mittels Skype und einem digitalen Anrufbeantworter einen "simulierten Joe" für Diskussionen über künstliche Intelligenz zur Verfügung zu stellen.

 

 

 

Joseph Weizenbaum ist tot

Joseph Weizenbaum

Joseph Weizenbaum

Joseph Weizenbaum hat seine Lebensbilanz unter dem Titel "An was ich glaube" in " Wir gegen die Gier" noch an seinem Geburtstag veröffentlicht.
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen. Dafür müßte die weltweite Gesellschaft allerdings zur Vernunft kommen "

"Das Internet ist ein großer Misthaufen, in dem man allerdings auch kleine Schätze und Perlen finden kann."

Während der Mensch nach Weizenbaum endlich ist und Platz machen muss für neue Ideen, hat das Wissen die Chance, erhalten zu bleiben. In diesem Punkt blieb Weizenbaum zeitlebens ein Optimist, der in seiner Lebensbilanz schreiben konnte: "Nur Wissen überlebt, nämlich indem es den denkenden Menschen buchstäblich informiert, den Zustand (state) seines Gehirns, ändert."

Zum Gedenken an Joseph Weizenbaum ist in Berlin eine Trauerfeier am 18. März geplant.

Quelle: www.heise.de

(Detlef Borchers) / (pmz/c't)

 


Mit "Eliza. A Computer Program for the Study of Natural Language Communication Between Man and Machine" wurde Weizenbaum auch außerhalb der Computerwelt in den 70er-Jahren bekannt. Ein Computer, der in einen Dialog mit dem Menschen tritt, das hatte es zuvor nur als Idee bei Alan Turing gegeben. Weizenbaum, der die Abhängigkeit der Menschen von Maschinen vorführen wollte, bewertete Eliza als Missverständnis. "Eliza ist als Programm incredibly simple, wirklich, hat aber im Herzen einen Punkt getroffen, das macht es bisschen kompliziert, nicht der einfache Code. Eliza wurde missverstanden, das aber ist ein Fehler, der genau in unsere Zeit passt."
Joseph Weizenbaum wurde vom Computerwissenschaftler zum Computerkritiker und damit zum Kritiker einer Gesellschaft, die Computer produziert und die Berechnungen der Maschinen kritiklos akzeptiert (ca. 1972). In "Die Zeit" erschien Weizenbaums großer Aufsatz "Alptraum Computer" , eine Abrechnung mit der Computertechnik generell, der KI-Forschung und dem Mythos vom fehlerfreien Programmieren. Weizenbaum schrieb damals: "Der meiste Schaden, den der Computer potenziell zur Folge haben könnte, hängt weniger davon ab, was der Computer tatsächlich kann oder nicht kann, als vielmehr von den Eigenschaften, die das Publikum dem Computer zuschreibt. Der Nichtfachmann hat überhaupt keine andere Wahl, als dem Computer die Eigenschaften zuzuordnen, die durch die Presse verstärkte Propaganda der Computergemeinschaft zu ihm dringen. Daher hat der Informatiker die enorme Verantwortung, in seinen Ansprüchen bescheiden zu sein." 1976 entsteht das Hauptwerk von Joseph Weizenbaum, "Computer Power and Human Reason", das auf Deutsch unter dem kuriosen Titel "Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft" erschien. In diesem Buch finden sich viele Momente, die später Allgemeingut geworden sind, etwa die Beschreibung der Programmierer-Kultur, die für Außenstehende etwas leicht Irrsinniges hat oder die Kritik an den Versprechungen der Künstlichen Intelligenz: "Ohne Frage hat die Einführung des Computers in unsere bereits hochtechnisierte Gesellschaft, wie ich zu zeigen versuche, lediglich die früheren Zwänge verstärkt und erweitert, die den Menschen zu einer immer rationalistischeren Auffassung seiner Gesellschaft und zu einem immer mechanistischeren Bild von sich selbst getrieben haben."

 

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