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Das Ahornblatt
Ein Bau-Kunstwerk der Moderne und seine Vernichtung

Point de vue virtuelle

Postfach 87 01 20, 13161 Berlin

www.aujourd-hui.de


Veröffentlichungen

Das Ahornblatt - Ein Bau-Kunstwerk der Moderne und seine Vernichtung
PhotoEdition 2000 von Anne Schäfer-Junker (vormals Wagner-Junker)
(Liebhaber-Format 50 x 70 und 5/5 Auflage im Format 40 x 60)

Diese PhotoEdition - Das Ahornblatt - Ein Bau-Kunstwerk der Moderne und seine Vernichtung - hat zwei verschiedene Formate und erinnert an das Denkmal AHORNBLATT auf der Fischerinsel - als Hypar-Schalen-Bauwerk aus der modernen Baukunst der DDR. Es wurde im Sommer 2000 von der OMG GmbH Donaueschingen, Projekt PHF l abgerissen. Es zählt wie einige andere Bauten der Gegenwart zu denen, die den Nachwehen des Zweiten Weltkrieges ausgesetzt sind, obwohl sie erst in den 70er Jahren entstanden - den "teuflischen Wiederholungszwängen" der Anschauungen einer gesellschaftlichen Elite geopfert, deren Kindheit und Jugend durch die verheerenden Ereignisse dieses Krieges geprägt wurden.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der PhotoEdition Das Ahornblatt - Ein Bau-Kunstwerk der Moderne und seine Vernichtung ist das Baudenkmal aus den 70er Jahren des Nachkriegs-Berlin (Ost) abgerissen worden.


Video

TANGO EN LA HOJA DE ARCE
Filmische Dokumentation von Anne Schäfer-Junker (vormals Wagner-Junker) des Tango-Festes im Ahornblatt am 01. Juli 200 (im VHS-Format)

Die Filmische Dokumentation TANGO EN LA HOJA DE ARCE (65 min.) entstand noch in der Nacht des 1. Juli 2000 im Ahornblatt, also kurz vor dem beginnenden Abbruch, bei einem Tango-Fest. Dieser wunderbare, stützenfreie Raum verfügte über ca. 5.000 qm Eichen-Parkettfußboden.

Dieser Film ist allen Visionären gewidmet und erinnert an den verbindenden Beitrag von Kunst und Kultur im geteilten Deutschland.


Beitrag für die Zeitschrift ›bau‹

BAUKUNSTWERKE
Anne Schäfer-Junker (vormals Wagner-Junker), PF 87 01 20, 13161 Berlin

Tagebuchaufzeichnung vom 24.7.2000, 8.30 h
Versuch einer sachlichen Notiz:

Der Abriß der Hypar-Schalen hat begonnen - die Dach-Haut wird von allen 5 Schalen abgerissen - ein entsetzliches Bild der Zerstörung breitet sich aus.

Mein Atem stockt, mein Hirn ist wie gespalten, der Kampf um die Rettung des Ahornblattes ist verloren.

Mit zwei PhotoEditionen*) begleite ich als Bildjournalistin in meiner Galerie Aujourd'hui 12-06 auf der Fischerinsel den Abriß des Ahornblattes.

Begleiten heißt: immer möglichst zum rechten Zeitpunkt vor Ort sein, vergleichen: die Aufnahmen, auch die des noch unangetasteten Gebäudes vergrößern und bewerten. Eine schon in diesem Stadium nahezu kultische Handlung, eine Beschwörung gegen das bereits mit deutlichen Vorzeichen zu Erwartende. Zunächst erschrocken über diesen Gedanken - moderne Bauwerke des 20. Jahrhunderts mit unangefochtenen Denkmälern der europäischen Baugeschichte der vorigen Jahrhunderte vergleichen? Ich stoße an die Grenzen der Anschaulichkeit und setze mich dem Vorwurf aus, derart geometrische Formen - den Kubus eines Palazzo und die gerechneten Schalen eines Hypar-Schalen-Bauwerkes könne man nicht vergleichen. Photographisch gegenübergestellt fallen die Kontraste in die Augen - schlaglichtartig. Ich bin an die sensiblen Bereiche unserer europäischen Kulturgeschichte gestoßen und an die Unvereinbarkeit von Baukunst und Macht als stilistisches Prinzip.

Auch die tausendjährige Geschichte der römischen Baukunst läßt sich nicht lückenlos belegen. Schon gar nicht, wenn die Latte derart hoch angesetzt wird und ich mit Bauten aus dem Frühen Christentum beginne. Mir fällt eine Schieflage im Finden von Kriterien für die Betrachtung auf. Die Gegenwart hat ihre Kunstgeschichte vernachlässigt und hängt die Moderne an den Tropf der Geschichte. Nicht nur in der Baukunst, aber da augenscheinlich. Die neuen Bauten in den Umbrüchen der Anschauungen der Architekten der 60er Jahre - die in ihren Auffassungen von völlig anderen Raumkonzeptionen außerordentlich erfolgreich waren, werden hier vom Konservativismus der Zeit verhöhnt. Den Nachwehen des Zweiten Weltkrieges alptraumhaft auf unabsehbare Zeit ausgeliefert, unterliegen die progressiven Fortdenker der Baugeschichte den "teuflischen Wiederholungszwängen" einer historisch überlebten Elite. Grundsätzlich neue Theorien, wie sie bereits zur gleichen Zeit Produktionsreife erlangten und von den wirtschaftlich starken Beton- und Zementherstellern umgesetzt wurden, ja eigentlich den Durchbruch der Moderne ermöglicht hatten, werden in Ermangelung kreativer Gesellschaftskulturen für tot erklärt.

Anschaulich in der Darstellung moderner Hypar-Schalen-Bauwerke das 1960 bei CALLWEY in München erschienene Werk von Fred Angerer "Bauen mit tragenden Flächen", das die Baugeschichte sehr treffend anhand prinzipieller Raumvolumina - man könnte sagen von der Höhle zum Wolkenkratzer - dargestellt hat. Ein mitreißendes Werk, das als Habilitationsschrift angenommen wurde und aus dem ich den letzten Satz der "Einführung" zitieren darf: "Der Mensch verfügt aber erst seit kurzer Zeit über die Materialien, die es ihm ermöglichen, dem Vorbild der Natur folgend zu Gebäuden zu gelangen, die mit der Schale eines Eies wetteifern können."

Das Dach des Ahornblattes mit einem Ei vergleichbar? Sehr wohl: ein Dach aus durchgängig 6 cm dickem Beton - das Ei des Kolumbus.

Erst durch die Zerstörung konnte es aus der Denkmalliste gelöscht werden.

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*) Titel der PhotoEditionen (PhotoEditionen von Anne Schäfer-Junker (vormals Wagner-Junker):
ROMA I BIS VI, Hommage à Hannah Höch, PhotoEdition, 1999

und

Das Ahornblatt - Ein Bau-Kunstwerk der Moderne und seine Vernichtung, gewidmet Ulrich Müther, Baumeister in Binz, PhotoEdition, 2000

Außerdem gelang mir die Filmische Dokumentation TANGO EN LA HOJA DE ARCE von der Tango-Nacht im Ahornblatt am 1. Juli 2000, kurz vor dem Abriß.

 

Die Photo-Editionen sind als Bücher erschienen. Diese und das Video verfügbar und per Post bestellbar bei:

Edition Aujourd'hui

Postfach 87 01 20, 13161 Berlin.

Mehr dazu siehe www.aujourd-hui.de unter Editionen


Auszug aus:

Öffentliches Verzeichnis der Denkmale in Berlin (Denkmalliste Berlin)
Arbeitsstand 23.03.1999

Gemäß § 4 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes Berlin (DSchG Bln) vom 24. April 1995 (GVBl. S. 274) wird das für Berlin geltende öffentliche Verzeichnis der Denkmale in Berlin (Verzeichnis der nachrichtlich eingetragenen Denkmalbereiche, Baudenkmale, Gartendenkmale und Bodendenkmale - Denkmalliste) hiermit bekannt gemacht ...

2. Baudenkmale sind bauliche Anlagen unterschiedlicher Größe oder definierte Teile von baulichen Anlagen. Zu den Baudenkmalen kann die gesamte Bebauung auf einem Grundstück zählen, zum Beispiel Villa mit Gartenhaus, Verwaltungsgebäude mit Hofanlage oder dergleichen. Baudenkmale können Bestandteile von Denkmalbereichen sein.

09011250
Fischerinsel 12, Gesellschaftliches Zentrum Fischerinsel mit Ahornblatt, 1965 - 73 von Gerhard Lehmann, Rüdiger Plaethe und Ulrich Müther
Gertraudenstraße

(MIT-D)


Tagebuchaufzeichnung vom 17.3.2001

In der Auslage von KIEPERT entdecke ich die Neuauflage des DEHIO für Berlin und erwerbe sie für 88 DM. An mehreren darauffolgenden Tagen versuche ich, die Denkmäler der Moderne im HANDBUCH DER DEUTSCHEN KUNSTDENKMÄLER, Berlin, mit Redaktionsschluß 1999 wiederzufinden. Voran die Suche nach dem spektakulärsten Bauwerk dieser Jahre - dem Ahornblatt auf der Spreeinsel in Berlins historischer Mitte - Nichts.

Die Moderne - mehrere Generationen von Baumeistern in Deutschland, die den Neuanfang nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg leisten mußten ist, in der Gefahr, vergessen zu werden. Ihre Bauten sind verschwunden oder werden verschwinden. Ausgelöscht von einer Elite der Bürokratie. Aber eingegangen in die Baugeschichte der Moderne. Und kultisch verehrt von vielen Kreativen, die bis zuletzt versucht haben, beispielsweise das Bau-Kunstwerk Ahornblatt zu retten.

Den photographischen Vergleich mit der Geschichte ermöglichten mir meine beiden PhotoEditionen ROMA I BIS VI und die PhotoEdition DAS AHORNBLATT - EIN BAU-KUNSTWERK DER MODERNE UND SEINE VERNICHTUNG, als Baudenkmal aus den 70er Jahren Berlins.

Übersicht Fischerinsel ...